Selbstwertprobleme

1. Susanne ist einfach nur verunsichert

„Das kann doch nicht wahr sein, dass ich das immer und immer wieder mit mir machen lasse,,“ sagte Susanne in einem ihrer zahllosen Selbstgespräche. "Ich liebe die Menschen. Und dennoch behandeln sie mich wie Fußabtreter." Sie war tieftraurig und fühlte sich allein und verlassen.

"Ich weiß einfach nicht, wie es weitergehen soll. Soll ich bei meinem Mann bleiben um unserer Tochter willen? Muss ich es nicht einfach aushalten? Die Zeit wird es schon richten. Sie soll doch ein intaktes Elternhaus haben, das ihr Sicherheit bietet. Ist Aufgeben nicht ein Zeichen von Schwäche und Versagen?" Sie drehte sich im Kreis. Eigentlich wäre es gut, sich bei einer echten Freundin aussprechen zu können. Aber die war weit und breit nicht in Sicht. Susanne fühlte sich fürchterlich einsam und war absolut überfordert mit ihrem Leben. Sie war jetzt vier Jahre verheiratet. Doch seit der Geburt der Tochter hatte sich das Verhalten ihres Mannes total verändert. Während er sie früher geliebt hatte, war er nun innerlich abwesend und überließ ihr die Arbeit in Haus und Garten sowie das Versorgen des Kindes. Zudem wurde er von Tag zu Tag zynischer, überheblicher und machte sich über sie, ihr Kümmern und ihre Sorgen um die Tochter sogar lächerlich. Das war für Susanne erniedrigend und unerträglich. Er trank immer mehr, und Susanne musste sich heute eingestehen, dass ihr Mann ein Alkoholiker war. "Wieso hab ich das nicht früher bemerkt," machte sie sich Vorwürfe. Wie nur hatte sie das nicht erkennen können und mit ihm ein Kind auf die Welt bringen können? Sie zweifelte an sich und gab sich die Schuld. Sie funktionierte von Tag zu Tag, um für ihre kleine Tochter da zu sein. Ihre eigenen Interessen mussten mal wieder warten. Wenn Besuch kam, setzte sie ein angestrengtes Lächeln auf und war danach noch erschöpfter als zuvor. Immer häufiger fühlte sie sich total leer, isoliert und tieftraurig. Wie eine Schiffbrüchige auf einer kargen Insel. Über allem schwebten nagende Versagensgefühle: "Ich bin keine gute Mutter."

Susanne wuchs in einem Elternhaus auf, in dem es so gut wie nie Zuneigung gab und in dem sie nicht gesehen wurde. Sie hatte zu funktionieren. Strafen, körperliche Züchtigung und bloßstellende Demütigungen wurden eingesetzt. Es war den Eltern wichtiger, was die anderen Leute denken sollten. So hatten die Eltern unbewusst genau das weitergegeben, womit sie in den schrecklichen Verhältnissen der Kriegs- und Nachkriegszeit als Flüchtlinge in ärmsten Verhältnissen selbst irgendwie zurechtkommen mussten: Zähne zusammenbeißen und durch.

Susanne hatte niemals erfahren, ein liebenswertes Kind zu sein. Diese fehlende Liebe suchte sie ihr Leben lang. Eigentlich war sie eine sehr hübsche Frau. Doch selbst ihrem Spiegelbild konnte sie nichts abgewinnen. Sie traute anderen Menschen nicht über den Weg. Komplimente konnte sie nicht ernst nehmen. Egal, ob Mitschüler oder später die Arbeitskollegen: aus ihrer inneren Verletzung heraus agierte sie mit Aggressivität und Überheblichkeit. Dies war ihr Schutzschild, um sich gegen Boshaftigkeiten zu wehren und um nicht neue Verletzungen ertragen zu müssen. Wenn sich Mitschüler über sie lächerlich machten, kochte sie über vor Wut. Sie war von Selbstzweifeln zerfressen und reagierte mit Aggressivität, um sich andere Menschen vom Leib zu halten und irgendwie Selbstwirksamkeit zu spüren.

Dies alles machte es ihr sehr schwer, Freunde zu finden, was ihren Mangel an Zuneigung und ihre Meinung darüber, selbst nicht liebenswert zu sein, immer nur weiter bestärkte und bestätigte.

Und dann kam der Tag, als das Fass überlief und sie sich von ihrer Vorstellung eines heilen Nestes für die Tochter verabschiedete. Das war, als ihr Mann sie mit einer anderen Frau betrug. Susanne beschloss, dass sie so nicht weitermachen wollte und wirklich etwas verändern musste. Sie wollte nicht mehr als Schiffbrüchige auf einer einsamen Insel angespült sein, hilflos und alleine. Sie wollte das Schiff reparieren und beschloss, sich auf ihrem Weg helfen zu lassen.

2. Verletzter Selbstwert

Bestimmte Lebensereignisse, Verhaltensweisen wichtiger Bezugspersonen und die damit verbundenen Gefühle können das Selbstwertgefühl stärken oder verletzen, schon im frühen Kindesalter. Gerade Eltern können bereits früh den Grundstein für ein gesundes Selbstwertgefühl ihrer Kinder legen, indem sie ihre Kinder emotional annehmen und ihnen das Gefühl vermitteln, willkommen und sicher zu sein. Bei fast allen Menschen, die Selbstwertprobleme haben, spielt Ablehnung (oft auch unwissentliche) durch die Eltern eine zentrale Rolle. Das löst bei Kindern das Gefühl von Minderwertigkeit aus, das ihr gefühltes Selbstbild bestimmt. Da ihnen ein stabiles Fundament fehlt und sie blockierte Emotionen in sich tragen, sind diese Menschen anfälliger für weitere, durch die Umwelt verursachte Verletzungen. Häufig entstehen in der Folge ein Hang zum Funktionieren, ein Streben nach äußeren Werten und Leistung sowie Perfektionismus, um den inneren Mangel an Selbstwert auszugleichen. Auch vermehrt nagende Eifersucht auf den Partner, Neid auf andere oder Kontrollverhalten können sich zeigen. Der Kreislauf des mangelnden Selbstwertgefühls ist damit leider komplett.

Weitere Anzeichen für mangelnden Selbstwert:

  • Übererregtheit des Nervensystems (Hyperarousal)
  • Ein- und Durchschlafstörungen
  • Lern- und Konzentrationsschwierigkeiten
  • Nagende Eifersucht
  • Angst vor dem Erröten
  • Die eigene Meinung lieber hinunterschlucken
  • Hypervigilanz (erhöhte Wachsamkeit i.S.v. übervorsichtig sein)
  • Das Gefühl, nicht gut genug zu sein
  • Nicht nein sagen können
  • Schwierigkeiten, sich zu entscheiden
  • krankhaftes Streben nach Erfolg
  • sich selbst und andere nicht mögen
  • Angst vor Ablehnung und Konflikten
  • Sozialer Rückzug aus Angst, verletzt zu werden
  • Seine Meinung nicht sagen (lieber den Ärger "runterschlucken")
  • u.a.


3. Negative Glaubenssätze, Körpergedächtnis und die Sicherheit von Bindung
Mangelnder Selbstwert ist häufig durch das (frühe, lang dauernde, wiederkehrende) ablehnende Verhalten unserer engsten Bezugspersonen entstanden. Wir fühlen uns bewertet und machen uns solche Bewertungen zu eigen. Denn die Interaktion mit anderen Menschen beeinflusst uns in starkem Maße und verursacht nachweislich sogar biologische Veränderungen in unserem Gehirn. Da das Gehirn zahlreiche Körperfunktionen steuert, hat dieser Zusammenhang zwischen Emotionen und Erleben einerseits und den Auswirkungen auf unseren Körper andererseits große Relevanz für unsere Gesundheit*. Tiefe innere und in der Regel unbewusste Überzeugungen oder Glaubenssätze entstehen. Sie legen sich wie ein Filter vor unsere Sicht auf die Welt. Im Fall verletzender Erlebnisse entstehen beispielsweise Überzeugungen, nicht gut genug zu sein, nicht liebenswert zu sein, zu dumm zu sein, es nicht auf die Reihe zu kriegen, nicht wichtig zu sein, zu stören uvm. An einige der ursächlichen Verletzungen wie etwa besonders demütigende oder beschämende Situationen erinnern wir uns vielleicht ganz konkret. Doch viele Ursachen können auch ganz weit zurückliegen und in das vorsprachliche oder sogar vorgeburtliche Leben zurückreichen. Daran haben wir dann keine bewusste Erinnerung. Dennoch sind gerade auch solche Erlebnisse in uns gespeichert, als innere Überzeugung oder Prägung - und insbesondere auch auf Körperebene. Daher finde ich die Bezeichnung Körpergedächtnis passend. Solche in uns aus oftmals sehr frühen Lebenserfahrungen stammenden, gespeicherten Überzeugungen hatten damals einen Sinn. Denn aus der Sicht des Überlebens ist es sinnvoll, bedrohliche Erlebnisse abzuspeichern, um sie zukünftig frühzeitig erkennen und vermeiden zu können. Später allerdings, wenn wir älter geworden sind, ist es häufig kontraproduktiv, auf solche alten inneren Muster "anzuspringen". Das geschieht dennoch, und es geschieht automatisiert und bringt häufig Verhaltensweisen mit sich, die uns nicht mehr gut tun. Diese unbewussten Prägungen lassen sich daher mit einem Störobjekt mitten in uns vergleichen, etwas, das steckengeblieben ist, das im Weg steht und verschiedenste Entwicklungsprozesse blockiert oder Qualitäten wie 'sich geborgen oder sicher fühlen' verhindert. Solche Störobjekte können sich psychisch und auch physisch ausdrücken und einen durch das ganze Leben begleiten. Man kann den Eindruck haben, sie gehören zur Persönlichkeit. Im Alltag bemerken wir dann, dass wir oft auf unerklärliche Weise traurig sind, eifersüchtig, keine erfüllte Partnerschaft führen, uns beruflich nicht entfalten können, häufig Streit mit Kollegen haben oder das erniedrigende Gefühl, nicht gut genug zu sein.

In der Hypnosesitzung können wir auf diesen Erinnerungsspeicher des Körpers zurückgreifen. Das ist ein wichtiger Bestandteil des Heilungsweges, weil der Erinnerungsspeicher eine Brücke zu den darunter liegenden belastenden Emotionen und wunden Punkten darstellt. Immer wieder schildern Patienten bei diesem Teil der Arbeit in der Trance, dass sie sehr deutliche Druckgefühle auf der Brust wahrnehmen, erhöhten Muskeltonus, einen Kloß im Hals oder Übelkeit. Im Innern erleben sie sich dann zum Beispiel im Widerstand. So berichtete eine Patientin einmal, dass sie sehr angespannt sei. Im Innern nahm sie auch bildlich wahr, wie sie mal wieder kämpfe. Und doch war sie da bereits mitten im Heilungsprozess. Zunächst schwanden ihre Kräfte immer mehr, und es war förmlich zu spüren, wie der Widerstand bröckelte, je weiter sie in Trance Kontakt mit sich selbst aufnahm. Sie kam nacheinander in Kontakt mit innerer Bedrohung und Angst, mit Trauer und schließlich, tief darunter verborgen, dem vernichtenden Gefühl, als Kind von ihrer Familie alleine gelassen worden zu sein. Diese frühe Verletzung führte zu einer dauerhaften Überforderung, dem inneren Druck, alles alleine schaffen zu müssen, zu Perfektionismus gepaart mit der Angst, zu versagen und einer stetigen Ausweitung von Angst auf viele verschiedene Lebensbereiche. In der Hypnose konnte sie diese frühe Verletzung (die ich als Störobjekt bezeichne) auflösen. Dies zeigte sich eindrücklich, als sie die Begegnung mit ihrer Familie völlig neu zu bewerten begann. Aus Schuldzuweisungen und Vorwürfen wurde Mitgefühl: "eigentlich tun sie mir leid, sie sind ja eigentlich genau so alleine".

Im geschilderten Fall der Patientin fehlte also eine verlässliche Bindung, wodurch die Überzeugung "ich muss es alleine schaffen" und die dazu gehörenden Emotionen wie Angst und Traurigkeit entstanden.  Auch einem Kind, das oft und wiederholt beschämt wurde, etwa, wenn es etwas nicht gleich hinbekommen hat, fehlte eine verlässliche und liebevolle Bindung. Vielleicht sind dann Sätze gefallen wie "das müsstest du doch schon längst können", "du brauchst immer am längsten dazu" oder ähnliches. In solchen Situationen war das Kind also psychisch auf sich allein gestellt. Es bekam vermittelt, eben zu langsam und ständig hinterher zu sein anstatt eine tatsächliche Hilfe zu bekommen. Tatsächliche Hilfe wäre zum Beispiel Ermutigung, Trost oder einfach das Gefühl, dass Mama oder Papa eh an das Kind glauben und sich freuen, wie es sich verschiedenste Dinge des Lebens aneignet. Fehlt eine solche Beziehung, bleiben Lernaufgaben unbewältigt, halbfertig stecken und an beschämende Gefühle, wie in den genannten Beispielen, gebunden. Es ist der Sicherheit vermittelnde Rahmen einer verlässlichen, liebevollen zwischenmenschlichen Beziehung, in dem Kinder sich gesund entwickeln.

Emotionales Erleben hängt stets auch mit einem bestimmten körperlichen Ausdruck zusammen (nur sind wir uns dessen oft nicht bewusst, und immer wieder trainieren wir daher im Rahmen der Hypnosetherapie auch die Wahrnehmung von Emotionen und ihrem körperlichen Ausdruck). Ein kleines Alltagsbeispiel dafür, wie ein emotionales Erlebnis auf der Körperebene Ausdruck finden kann - am Beispiel von Angst: stell Dir vor, Du sitzt abends in Deinem schummrig beleuchteten Wohnzimmer und schaust gebannt auf den Fernseher. Plötzlich nimmst Du aus den Augenwinkeln einen schnell huschenden, kleinen Schatten auf dem Fußboden wahr. Du weiß sofort: das war eine unangenehm große Spinne, die es sich lieber außerhalb des Hauses gemütlich einrichten soll. Auf Körperebene hast Du im selben Moment mit aller größter Wahrscheinlichkeit unweigerlich für einen kurzen Augenblick Luft geholt und den Atem angehalten, Muskeln angespannt, Bauch eingezogen, und auch Dein Herz schlägt schneller. Diese Reaktion ist eine ganz natürliche Alarmfunktion unseres Körpers wenn uns etwas bedrohlich erscheint oder eben Angst erzeugt. Wir halten kurz den Atem an oder atmen flacher - ein körperlicher Ausdruck für gefühlte Angst. Auf vergleichbare Weise führen auch andere Emotionen wie z.B. Scham, Wut, Trauer aber auch Liebe oder Freude zu bestimmten Körperempfindungen und auch Körperausdrücken. Viele von uns kennen die mit Niedergeschlagenheit einhergehende Körperhaltung oder den berühmten Kloß im Hals bei Trauer.

Und auch Glaubenssätze sind mit einem bestimmten Gefühl verbunden. Probier’s kurz in der Vorstellung aus und vergleiche die unterschiedlichen inneren Gefühle (und wenn Du magst auch die damit verbundenen Körperzustände) der Überzeugungen: „Ich genüge nicht“ oder der Gewissheit „Das schaff ich doch mit links“. „Alle Glaubenssätze, die wir in uns tragen, sind Ausdruck von Emotionen, die für die Selbstbeurteilung verantwortlich sind. Sind sie positiv, sind die Glaubenssätze es auch - und umgekehrt.“ - Floris Weber.

Und genau dort, an den abgespeicherten negativen Emotionen und Blockierungen, setzen wir mit der auflösenden Hypnose an, damit Du die Ursachen Deiner Probleme nicht nur verstehen sondern endlich verarbeiten und auflösen kannst. Wir räumen so richtig den Keller auf und bauen ein neues Haus darauf. Ein Haus, das lichtdurchflutet ist und auf einem völlig sicheren, stabilen Fundament errichtet wird.

* vgl. dazu in der Literatur: Joachim Bauer (2014): Das Gedächtnis des Körpers. Wie Beziehungen und Lebensstile unsere Gene steuern. Lagato Verlag oder vgl. ebenfalls Studien zum Zusammenhang zwischen psychischer Gesundheit und Herz-Kreislauferkrankungen, wie z.B. die 'Interheart-Studie' von 2004, die in weltweit 52 Ländern durchgeführt wurde.


4. Selbstwertgefühl, Ängste und Depression
... coming soon... danke fürs wieder Reinschauen!